Emanzipation oder versteckte Ausbeutung?
Feminismus – ein Thema, das sich in heutigen Diskursen kaum vermeiden lässt. Es teilt sich mit einigen gesellschaftlichen Problemen nämlich die Wurzel des Patriarchats. Doch was hat es mit dieser neuen Welle des radikalen Feminismus auf sich und inwiefern spielt in diesem Diskurs OnlyFans eine Rolle?
Eigentlich ist es ganz einfach: 2020 erlebt OnlyFans einen immensen Aufschwung – aus 348 Tausend Menschen, die Inhalte veröffentlichen werden über 1,6 Millionen. Das sind rund 21,5% mehr. Und da OnlyFans am bekanntesten für erotische oder pornografische Inhalte ist, können Feminist:innen diese Plattform kaum ignorieren, denn Pornografie ist stets Teil des feministischen Diskurses.
So kommt es, dass der Trendspruch „Sex Work is (Real) Work“ von einigen kritischen Denker:innen in Frage gestellt wird. Kann sex work emanzipierend sein oder dient sie doch nur der männlichen Agenda? Hat die sex work-ausübende Person tatsächlich die Überhand oder ist das eine Illusion? Radikale Feminist:innen haben für diese Fragen klare Antworten und akzeptieren keinen Widerspruch: Wer sich, seinen Körper, Teile seines Körpers oder bloß Fantasien, die den eigenen Körper betreffen, in irgendeiner Weise verkauft, spielt dem Patriarchat in die Karten. Immerhin sind 87% der Nutzer männlich.
Selbstverständlich klingt die Plattform zunächst verlockend. Im Freundeskreis hört man nicht selten Witze darüber, dass man es „im Notfall“ ja auf OnlyFans versuchen könne. Geld brauchen wir alle und hört man, dass Blac Chyna allein durch OnlyFans ein Monatseinkommen von 20 Millionen US-Dollar hat, klingt das Ganze nach einem guten Deal.
Ganz fair wirkt dieser Deal aus einer anderen Perspektive jedoch nicht. Für ein Abonnement von Blac Chynas OnlyFans zahlen User 19.99 US-Dollar und sind damit schon in der höheren Preisklasse der Plattform, denn Abos gibt es schon ab fünf Euro. Vernachlässigt man die Barriere des virtuellen Raums für einen Moment, stellt sich die Frage, ob man für 5-20 Euro im Monat eine fremde Person mit intimen Fotos versorgen würde, zum Beispiel in Form einer persönlichen Übergabe von Ausdrücken oder durch einen Spionspiegel im Schlafzimmer – gäbe es dann noch zwei Millionen sogenannte creator? Die Wahrscheinlichkeit ist gering.
Nimmt man nun für einen weiteren Moment an, eine Frau steckt tatsächlich in einer finanziellen Notlage und entscheidet sich für sex work. Geht mit einer solchen Notlage nicht eben ein gewisser Zwang einher? Und ist die Entscheidung der Frau dann wirklich aus ihrem freien Willen heraus getroffen worden oder war die einzig andere Option Armut? Hat das dann trotzdem noch etwas mit Feminismus und Emanzipation zu tun oder hat es doch etwas von Zwangsarbeit? Die Antwort radikaler Feminist:innen ist bekannt.
An dieser Stelle werden neue Leitsprüche interessant, dieses Mal der radikalen Feminismus-Bewegung:
„Porn Culture Is Rape Culture“, „Porn Is Violence”, „Porn Is Rape”.
Das sind ganz schön schwere Vorwürfe und gerade deshalb eine Diskussion wert. Und: Radikaler Feminismus heißt nicht ohne Grund „radikal“. Man sollte deshalb vorsichtig mit diesem Begriff umgehen. Für diesen Artikel wurde er lediglich hinsichtlich der OnlyFans-Debatte betrachtet.
Ganz einig wird man sich wahrscheinlich nie – es gibt immerhin Frauen, die bekräftigen, dass sie ihren OnlyFans-Account aus persönlicher Überzeugung und Spaß an der Sache betreiben würden. Ob radikal oder liberal – eine andere Person hat sich in diese Entscheidung nicht einzumischen. Zudem muss zwischen Seiten wie Pornhub und OnlyFans klar unterschieden werden. Ob sich OnlyFans momentan in eine ähnlich gefährliche Richtung wie Pornhub entwickelt, wird erst die Zukunft zeigen. Vorsicht ist auf solchen Plattformen sowieso immer angesagt, ob als Konsument:in oder Produzent:in.
Quellen: – https://www.statista.com/statistics/1334104/onlyfans-creators-worldwide/, 06.11.2023. – https://www.usesignhouse.com/blog/onlyfans-users#:~:text=31.25%25%20of%20OnlyFans%20active%20users,are%20people%20aged%2055%2D64, 06.11.2023. – https://www.foundsf.org/index.php?title=Harassment_of_Pornographic_Actors_%26_Actresses_Since_the_Sexual_Revolution_in_San_Francisco, 06.11.2023.