Kurfürst Carl Theodor – Regierungszeit in Mannheim 1742-1777 – dürfte wohl den Allermeisten an der Universität Mannheim ein Fremdbegriff sein und das obwohl alle, die hier studieren, arbeiten oder beides tun täglich auf seinen Spuren wandeln. Nicht nur die Universität verdankt Carl Theodor ihr Motto – In omnibus veritas – und ihr Hauptgebäude, das Barockschloss in seinem heutigen Bauzustand; auch die Stadt Mannheim verdankt seiner Regierungszeit im 18. Jahrhundert einige markante Gebäude wie die Jesuiten- und spätere große Hofkirche, das alte Rathaus oder das bekannte Nationaltheater.
Selbst unter Studenten der Geschichte ist das Bewusstsein über die Geschichte des barocken Kulturerbes in Mannheim ein seltenes Gut, obwohl man es gerade dort noch am ehesten vermuten würde. Dieser kleine Artikel möchte dazu beitragen, dies zu ändern und einige Denkanstöße liefern, wo überall die zahlreichen Verbindungen zwischen dem Kurfürsten, der Universität und der Stadt Mannheim bestehen.
Wohl die allergrößte Verbindung ins 18. Jahrhundert besteht an der Universität Mannheim mit dem Schloss. Das repräsentative Hauptgebäude ist das Aushängeschild unserer Universität und zugleich als zweitgrößtes Barockschloss Europas nach Versailles ein Dreh- und Angelpunkt der Mannheimer Kulturgeschichte. Die Grundsteinlegung fand zwar schon 1720 unter der Herrschaft Kurfürst Carl Philipps statt, die Vollendung des Schlosses fällt aber in die Regierungszeit Carl Theodors. Die Prunkräume im Mittelbau des Schlosses – direkt unterhalb der Ehrenhofbibliothek – sind Zeugnis höfischer Repräsentation, der Macht der Kurfürsten von der Pfalz im Heiligen Römischen Reich und der kulturellen Blütezeit Mannheims und der Kurpfalz im 18. Jahrhundert. Die damals weltberühmte Hofkapelle, der als Mannheimer Schule vielgerühmte Kompositionsstil, die Akademie der Wissenschaften – die Liste an Zeugnissen pfälzischer Geschichte in Mannheim kann lange fortgeführt werden.
Aber apropos Pfälzische Akademie der Wissenschaften: Der Akademie verdankt Mannheim nicht nur die barocke Sternwarte schräg gegenüber des Universitätsgebäudes B6, eine Bedeutung als Wissenschaftsstandort, die Entwicklung von ersten Blitzableitern oder große Errungenschaften in der Meteorologie, sondern eben auch das Motto der Universität: In omnibus veritas suprema lex esto – „Die Wahrheit in allem sei höchstes Gebot“. Dieser Satz stammt aus der Gründungszeit der Akademie unter Kurfürst Carl Theodor im Jahre 1763.
Wie jeder höhergestellte aufgeklärt-absolutistische Fürst des 18. Jahrhunderts ließ Kurfürst Carl Theodor auch bedeutende Sammlungen an Kunst und Naturobjekten anlegen. So beherbergte das Schloss ein Naturalienkabinett, ein Münzkabinett, Gemäldesammlungen und natürlich umfangreiche Bestände an antiken Münzen, Statuen und Gemmen. Zahlreiche Objekte aus den Sammlungen der pfälzischen Krone lassen sich noch heute in den Reiß-Engelhorn-Museen in Mannheim oder im Kurpfälzischen Museum Heidelberg bestaunen, aber eben auch im Schloss selbst: Die Ausstellungen in den Prunkräumen, die Büsten und Statuen in diversen Fluren der Universität und natürlich der Antikensaal erinnern an jene Sammelleidenschaft des 18. Jahrhunderts.
Zum Abschluss lohnt sich auch ein Blick auf die zahlreichen Barockgebäude in und um Mannheim aus der Regierungszeit Carl Theodors. Die anfangs erwähnte Jesuitenkirche bestimmt mit ihrer markanten Kuppel und dem einschlägigen Geläut die Mannheimer Oberstadt und den Bereich, in dem sich die meisten Seminargebäude der Universität befinden. Sie zählt zugleich durch die vielen am Bau beteiligten berühmten Künstler und Baumeister wie die Gebrüder Asam oder der Bildhauer Paul Egell zu den bedeutendsten Barockkirchen Süddeutschlands. Direkt gegenüber des Westflügels befindet sich das spätbarocke Palais Bretzenheim, das eigens für die unehelichen Kinder des Kurfürsten errichtet wurde und in dem Wolfgang Amadeus Mozart diesen einst Musikunterricht erteilte. Auch das Palais Dalberg am Dalbergplatz, das heute die Musikbibliothek beherbergt, ist ein Relikt jener Zeit. Nicht zu vergessen sind die beiden Kirchen in und am Marktplatz: Die katholische Kirche St. Sebastian und die evangelische Konkordienkirche bestimmen mit ihren Türmen die Quadrate. Auch um Mannheim herum lässt sich die Spurensuche noch weiterführen. So reihen sich auch die Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt in Ludwigshafen-Oggersheim oder beispielsweise die Schlösser in Fußgönheim, Ilvesheim oder natürlich die große Sommerresidenz Schwetzingen in unsere Liste an barocken Monumente mit Carl-Theodor-Bezug ein.
Vielleicht regt das Jubiläumsjahr zum 300. Geburtstag Kurfürst Carl Theodors einige Leserinnen und Leser dazu an, die zahlreichen Monumente zu besichtigen und so auch zu einer ganz neuen Sichtweise auf Mannheim zu finden – schließlich eilt der Stadt ja ein Ruf voraus, der ihrem historisch-kulturellen Potential bei Weitem nicht gerecht wird.
Quellen:
Kreutz, Wilhelm, Aufklärung in der Kurpfalz. Beiträge zu Institutionen, Sozietäten und Personen. (= Rhein-Neckar-Kreis, Historische Schriften Bd. 4), Ubstadt-Weiher u.a. 2008.
Mörz, Stefan, Aufgeklärter Absolutismus in der Kurpfalz während der Mannheimer Regierungszeit des Kurfürsten Karl Theodor (1742-1777). (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B, Bd. 120), Stuttgart 1991.
Mörz Stefan, Haupt- und Residenzstadt. Carl Theodor, sein Hof und Mannheim. (= Kleine Schriften des Stadtarchivs Mannheim Bd. 12), Mannheim 1998.
Mörz, Stefan, Glanz der Residenz zur Karl-Theodor-Zeit, in: Ulrich Nieß/Michael Caroli (Hrsgg.), Geschichte der Stadt Mannheim, Bd. 1: 1607-1801, Ubstadt-Weiher u.a. 2007, S. 327-527.
Rall, Hans, Kurfürst Karl Theodor. Regierender Herr in sieben Ländern, Mannheim u.a. 1993.
Schaab, Meinrad, Geschichte der Kurpfalz. Bd. 2: Neuzeit, Stuttgart 1992.